23.09.2025
Spezial: Wasserstoff aus der Steckdose? Wie Elektrolyse das Energiesystem für die Mobilität stabilisieren kann
Mobilität und Energiewende zusammendenken
Die Elektromobilität hat sich in den vergangenen Jahren von einer Nische zum festen Bestandteil der Verkehrswende entwickelt. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass es nicht allein um Fahrzeuge geht, sondern um das gesamte Energiesystem. Strom aus erneuerbaren Quellen soll Autos antreiben, Netze entlasten und fossile Energieträger ersetzen. Eine Schlüsseltechnologie, die diese Verbindung möglich macht, ist die Elektrolyse. Mit ihr lässt sich Wasserstoff herstellen, der sowohl als Kraftstoff dient als auch die Stromversorgung flexibler macht. Der Elektrolyseur rückt damit in eine Rolle, die weit über die reine Energieumwandlung hinausgeht.

Funktionsweise und Potenziale
Das Prinzip ist einfach, die Technik dahinter hochinnovativ: Wird Strom durch Wasser geleitet, zerfällt es in Wasserstoff und Sauerstoff. Erfolgt die Stromversorgung durch Wind- oder Solaranlagen, entsteht grüner Wasserstoff. Er unterscheidet sich von anderen Speicherformen dadurch, dass er über lange Zeiträume verfügbar bleibt, transportiert werden kann und vielseitig nutzbar ist. Genau darin liegt sein Potenzial für die Mobilität. Während Batterien ihre Stärken im Pkw-Bereich haben, eignet sich Wasserstoff besonders für Lkw, Busse oder Züge, die lange Strecken zurücklegen müssen oder schnell wieder einsatzbereit sein sollen.
Wenn Stromüberschüsse zum Treibstoff werden
Ein Problem der Energiewende ist der ungleichmäßige Zufluss erneuerbarer Energie. An windigen Tagen laufen Windräder mit voller Leistung, während an trüben Tagen weniger produziert wird. Diese Schwankungen bringen die Netze an ihre Grenzen. Wird mehr Strom erzeugt, als verbraucht werden kann, müssen Anlagen heruntergeregelt werden. Dabei geht wertvolle Energie verloren.
Anlagen zur Wasserstofferzeugung bieten hier eine elegante Lösung. Sie nutzen Überschüsse, die sonst ungenutzt blieben, und verwandeln sie in ein Gas, das gespeichert und später in der Mobilität eingesetzt werden kann. So entsteht ein Kreislauf, bei dem Strom, der eigentlich abgeregelt würde, über Umwege in Bussen, Zügen oder Lastwagen landet. Für Netzbetreiber bedeutet das Entlastung, für den Verkehr die Chance auf einen klimaneutralen Energieträger.
Infrastruktur im Aufbau
Noch sind die Strukturen überschaubar. Wasserstofftankstellen gibt es in Deutschland bislang nur an bestimmten Standorten. Doch parallel zum Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken entstehen auch erste größere Projekte, bei denen Elektrolyseure direkt mit erneuerbaren Anlagen gekoppelt werden. Die Idee dahinter: Wasserstoff dort herstellen, wo er gebraucht wird, und regionale Kreisläufe schaffen.
In der Praxis lässt sich das schon beobachten. In Niedersachsen fahren Züge mit Brennstoffzellenantrieb, die ihren Wasserstoff aus nahegelegenen Quellen beziehen. In Köln ist eine Busflotte mit H₂ unterwegs, und in einigen Häfen werden Umschlagfahrzeuge auf den emissionsfreien Betrieb umgestellt. Diese Beispiele zeigen, dass Wasserstoff im Alltag ankommt, auch wenn die Infrastruktur noch im Aufbau ist.
Verknüpfung der Sektoren
Die Technologie wird nicht allein für die Mobilität interessant sein. Sie verbindet Strom, Wärme, Industrie und Verkehr miteinander. Grüner Wasserstoff lässt sich in Stahlwerken einsetzen, als Grundstoff in der Chemie nutzen oder in Heizsysteme integrieren. Für das Energiesystem bedeutet das mehr Flexibilität, weniger Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und eine höhere Versorgungssicherheit. Die Mobilität profitiert dabei von einer Technik, die ohnehin für andere Bereiche unverzichtbar ist.
Ausblick
Schon heute zeigt sich, wie vielseitig diese Systeme einsetzbar sind. Je stärker die erneuerbaren Energien wachsen, desto wichtiger wird die Umwandlung von Strom in Wasserstoff. Elektrolyseure machen Netze stabiler, schaffen neue regionale Wertschöpfung und bringen klimafreundliche Antriebe in Busse, Züge und Lastwagen.
Alles deutet darauf hin, dass sie im Energiesystem der Zukunft eine zentrale Rolle spielen werden – nicht als Ersatz für die Batterie, sondern als ideale Ergänzung dort, wo Reichweite, schnelle Betankung oder hohe Lasten gefragt sind.